Bildquelle: Folksam Group, (https://www.flickr.com/photos/folksam/33334840242, letzter Abruf: 5.2.2024)
Paula Bühl
Stockholm, die pulsierende Hauptstadt Schwedens ist für vieles bekannt: die wunderschöne Altstadt Gamla, das schwedische Königshaus, eine nachhaltige Stadtplanung und eine hohe Lebensqualität für ihre Bewohner:innen usw. Ebenso für den innovativen Einsatz erneuerbarer Energiequellen. Weniger bekannt ist dagegen das Bürogebäude Kungsbrohuse und das zu Unrecht. Denn es repräsentiert nicht nur ästhetische Modernität, sondern auch ein herausragendes Beispiel für nachhaltige Architektur und Energieeffizienz. Das 13-stöckige und rund 27´000 Quadratmeter große Bürogebäude nutzt seit 2010 die Körperwärme der Menschen, die täglich den Stockholmer Bahnhof nutzen, für ihr Heizungssystem.
Ca. 250 000 Passant:innen laufen täglich durch das Bahnhofsgebäude, dabei erzeugt jede:r einzige von ihnen je nach Aktivität zwischen 50 und 100 Watt Energie. Die aufgewärmte Luft kann so als Ressource genutzt werden. Ventilatoren im Bahnhofs Gebäude leiten die menschliche Abwärme zu großen unterirdischen Wassertanks und erwärmen diese. Das Wasser fließt anschließend durch eine 100m lange Leitung in das Heizungssystem von Kungsbrohuse. Hier wird die Energie dann in das Heizungssystem des Bürokomplexes integriert, wodurch konventionelle Heizquellen reduziert oder sogar ersetzt werden können. Dadurch kann jährlich ca. ein Viertel der Heizkosten eingespart werden.
Während des Projekts war der Wärmeverlust über die 100m lange Leitung zunächst eine spezielle Herausforderung, doch schließlich setzten die Ingenieur:innen nur auf eine Standardisolierung. Die Kosten für diese Leitung betrugen rund 40 000 Euro, eine Investition, die gerne in Kauf genommen wurde, da die Differenz in Bezug auf das Einsparen der Heizkosten weitaus höher war. „Die Technik ist sehr einfach, wurde jedoch bisher kaum umgesetzt“, so Karl Sundholm, Sprecher des Betreibers Jernhusen. Sinnvoll sei diese an Orten, wo sich viele Menschen bewegen und aufhalten, zum Beispiel in Sportstätten und Einkaufszentren. Ähnliche Dimensionen gab es bis jetzt allerdings nur in Minneapolis im Einkaufszentrum „Mall of America“, dieses nutzt ebenfalls die menschliche Abwärme der Einkäufer zum Heizen. Neu in Schweden ist dabei allerdings, dass hier die Energie aus einem Gebäude ein anderes heizt und dass das Bahnhofsgebäude auch im Sommer klimatisiert wird.
Die Ingenieur:innen trafen auch noch weitere energieeffiziente Maßnahmen: Die Doppelfassade des Gebäudes nimmt das Sonnenlicht auf und isoliert gleichzeitig, um den Wärmeverlust zu minimieren und den Energieverbrauch für Heizung und Kühlung zu reduzieren. Zudem wird die Raumklimatisierung auf den Wetterbericht abgestimmt und Wasser aus einem naheliegenden See für die Kühlung genutzt. Während der Nacht wird dann das gesamte Gebäude in den Stand by Modus gesetzt. Die Mieter von Kungsbrohuse wiederrum erwartet eine gezielte Umweltberatung, Ladestationen für Elektroautos, eine gesicherte Fahrradgarage sowie Umkleideräume und Duschen. Der berechnete Energieverbrauch von Kungsbrohuse liegt somit insgesamt bei 51KWh pro Quadratmeter im Jahr und damit deutlich unter den ca. 70KWh pro Quadratmeter eines vergleichbaren Bürogebäudes.
Kungsbrohuse ist somit ein zertifiziertes „grünes Gebäude“ und das erste schwedische Niedrigenergiegebäude, welches auf Grundlage von drei Umwelt-Zertifizierungssystemen entworfen wurde, einschließlich der EU-Green-Building-Zertifizierung. Die Architektin von Kungsbrohuse haben mit dem Bau und der umweltbewussten Entwicklung ein Zeichen gesetzt, dass man trotz energieeffizientem Bauen nicht auf Komfort verzichten muss. Denn die Büroräume bilden nicht nur ein inspirierendes Arbeitsklima, sondern sind auch ein klares Statement, dass nachhaltige Architektur ein sinnvoller Weg ist, um die Umweltbelastung zu minimieren. Das Gebäude ist ein hochwertiges Beispiel dafür, wie andere Städte ihre Energiequellen umfunktionieren könnten schließlich hat die Integration erneuerbarer Energiequellen einen positiven Einfluss auf das Stadtklima und die Lebensqualität der Bewohner:innen. Deshalb ist Kungsbrohuse ein leuchtendes Vorbild für andere städtische Projekte weltweit und ein inspirierendes Beispiel für die Architektur der Zukunft.
Quellen:
https://www.derstandard.at/story/1271377940164/250000-reisende-heizen-buerogebaeude-mit-koerperwaerme (letzter Aufruf: 4.2.24)
https://www.pressetext.com/news/100601004 (letzter Aufruf: 4.2.24)
https://globalmagazin.eu/themen/klima/stockholmer-bahnhofsbesucher-heizen-buerogebaeude/ (letzter Aufruf: 4.2.24)