SHZ vom 07.09.2023
Von bauchfrei bis hochgeschlossen
Nach Vorschlag des Bundeselternrats: Brauchen Schleswigs Schüler wirklich Vorschriften für ihre Bekleidung?
von Mahé Crüsemann
Keine Jeans, keine Kleidung mit aufwendiger Verzierung oder Reißverschlüssen und T-Shirts, die den Bauch bedecken: In einem Elternbrief der Sportfachschaft der Lornsenschule sind unter anderem diese Beispiele für „nicht geeignete“ Sportkleidung aufgeführt. Im selben Schreiben steht, was bitte in jedem Fall mitzubringen sei zum Unterricht, etwa ein Haargummi oder Sportschuhe.
„Es ist eine Frage der Sicherheit“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Tanja Ahlers. „Die Fachschaft informiert die Eltern im Großen und Ganzen, wie Sportunterricht läuft“, sagt sie. Dazu gehöre auch angemessene Kleidung.
„Sportkleidung muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen“, so Ahlers. So müsse sie beispielsweise gewährleisten, dass die Kinder sicher seien vor Verbrennungen durch Stürze und Bälle und dass sie sich nicht an Kleidungsstücken verletzten – daher die Hinweise zu nicht geeigneter Kleidung. Bei der Frage, wo dann die Grenze sei, kann Ahlers versichern: „In jedem Einzelfall entscheidet die Sportlehrkraft.“ Eine generelle Kleiderordnung gebe es an der Lornsenschule grundsätzlich nicht, die Empfehlungen beträfen auch nur den Sportunterricht.
Bundeselternrat fordert Kleiderordnung
Bauchfrei? Dann ab nach Hause und umziehen – das werden die Schüler der Schleswiger Lornsenschule auf dem Schulhof also nicht zu hören bekommen. Genau das aber würde sich der Bundeselternrat wünschen. Der fordert nämlich, eine Kleiderordnung für alle Schulen in Deutschland festzulegen. Diese sollten einen Konsens über die angemessene Kleidung der Schüler beschließen und den dann auch in die Hausordnung übernehmen, sagte die Vorsitzende des Bundeselternrats, Christiane Gotte.
Wie sieht es aber bisher mit solchen Vorschriften an Schleswigs Schulen aus?
Dannewerkschule: Andrea Schönberg, Schulleiterin der Dannewerkschule, ist der Überzeugung, dass angemessene Kleidung nicht durch eine Vorschrift geregelt werden sollte. An ihrer Schule setze man daher auf persönliche Ansprache und individuelle Betreuung der Schüler. „Wir haben kein Interesse daran, die Mode unserer Schüler zu zensieren“, sagt sie. „Wenn wir finden, dass die Kleidung eines Schülers unpassend ist, dann wird das im Einzelgespräch mit demjenigen geklärt.“ Probleme oder Beschwerden habe es, was das angeht, noch nie gegeben. „Wer im Sommer ein Kopftuch tragen möchte oder Bauchfreies, dem sei das gestattet, es gehört in einer Schule immer auch Toleranz dazu“, so Schönberg.
Bruno-Lorenzen-SchuIe: An der Bruno-Lorenzen-Schule setzt man ebenfalls auf Austausch und direkte Kommunikation: „Wir klären so etwas im direkten und privaten Gespräch“, sagt Schulleiter Eike Petersen. Es sei weder eine Kleiderordnung geplant, noch sieht Petersen dafür überhaupt einen Anlass. Der direkte Dialog habe sich immer als die richtige Wahl herausgestellt.
Domschule: So hält es auch die Schleswiger Domschule. „Es gibt keine Probleme, über eine Kleiderordnung führen wir keine Diskussion, das ist absolut kein Thema bei uns“, sagt Schulleiter Paul Aust.
Berufsbildungszentrum: Am Berufsbildungszentrum (BBZ) sieht Schulleiterin Kirsten Lemke, wie sie sagt: „absolut keinen Handlungsbedarf“, was unangemessene Kleidung angehe. Das BBZ sei eine demokratische Schule, die demokratische Werte lebe. „Wir würden mit Verboten oder Vorgaben was Kleidung angeht, in die Freiheitsrechte von Schülern – aber auch Lehrkräften und Mitarbeitern – eingreifen“, So Lemke [sic!].
Die Schüler des BBZ seien außerdem alle keine kleinen Kinder mehr. Dennoch würden die Lehrkräfte auch hier pädagogisch handeln und den Berufsschülern Tipps geben, in welchen Situationen welche Art von Kleidung angemessen sei. „Das gehört zu dem dazu, was unsere Schüler hier lernen“, so Lemke. Eine Vorschrift, was wer auf dem Schulhof zu tragen habe, lehne Lemke jedoch entschieden ab.
Keine Probleme an Schleswigs Schulen
Die Probleme, die den Bundeselternrat dazu veranlasst haben, eine einheitliche Lösung für die gesamte Bundesrepublik zu fordern, können die Schleswiger Schulleiter an ihren Einrichtungen also nicht feststellen. Eine generelle Kleiderordnung lehnen sie alle ab, auch wenn in Einzelfällen oder aus Sicherheitsgründen im Unterricht eine bestimmte Kleidung notwendig sein könnte.